Basiswissen EinsPsy Anwendung Stufe 1

Anthropologische Primärmotivationen

 

Der Mensch will sich weiter verbessern.

Immer weiter, für immer weiter, immer schon.

Das war die Idee, aus der er sich schuf, das ist die Idee, wofür er sich erhält.

Dafür allein nimmt er alles Leiden, alle Enttäuschung, allen Schmerz und alle Qual in Kauf. Unverbesserlich, unermüdlich, unerbittlich.

So einfach, so klar, so logisch – aber kein Buddha wollte es wahrhaben, kein Laotse hat sich daran erfeut, kein Plato hat sich darüber beruhigt. Auch kein Freud, um das klarzustellen.

Die nicht so berühmten und öffentlich unbekannten Psychologen und Philosophen rund um sie wußten es, aber auf sie hört man nicht. Sie wissen doch nur, was jeder schon weiß:

Leiden gehört dazu und der Mensch ist nicht aus Zucker.

Das Volk ist weise genug, sagte Laotse, macht es nicht irre mit guten Ratschlägen!

Wir Wichtigtuer mit der höheren Bildung halten das lieber für eine nostalgische Mär, ein Schwelgen an eine fiktive Erinnerung an mythische Alte Kaiser, die sich daran hielten.

Wir haben auch recht. Aber Laotse auch. Er irrt nur, weil er nicht bedenkt, daß der Weise keinen Grund zur Nostalgie hat.

Mit dem Menschen ist immer alles in bester Ordnung. Heute so wie gestern und vorgestern.

Das klingt schön und beunruhigend und irgendwie mystisch – wunderbar. Aber was hat man davon außer Erhebung im Geiste für Minuten?

Ein kühner Gedanke, das mit der apriorischen Perfektion des Menschen.

Selbst wenn er jetzt scheinbar unrettbar verblödet statt unaufhaltsam verweist, wenn er alt wird.

Selbst wenn der Zeitgenosse darauf stolz ist, Weisheit für ein Relikt einer autoritätsgläubigen verkrampften moralistischen Vergangenheit zu halten.

Und Ethik für eine Methode, die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit und die politische Stabilität zu sichern.

Der Geist, der keine Rechenmaschine spielt und kein Buchhaltungsprogramm abarbeitet, ist ein unvernünftiger, wenn vielleicht auch liebenswerter.

Ein Luxus, den wir uns bedingt leisten können.

Wie kann mit dem Menschen alles in bester Ordnung sein, wenn er ein stagnierendes Wachstum nicht in Gang bringen kann?

Es ist einfach, in bester Ordnung ist es mit dem, was die bestmögliche Version seiner selbst ist.

Alle Kraft voraus ins Bessermachen und Besserwerden, denkt sich der Mensch nach wie vor, in der Kindheit mit gutem Gewissen, später mit einer gewissen Scham beim Gedanken, man könnte ihn der Naivität zeihen.

Es fehle ihm die Distanz zur Performanz.

Das sagt man aus der unfreiwilligen Distanz zur Erkenntnis des Wesentlichen.

Das Wesentliche zeigt sich dem, der es wahrhaben will, sonst niemandem.

Und das sind gottseidank immer ein paar. Ganz allein ist keiner damit.

Die meisten verzichten auf die eigene Erkenntnis, sie verlassen sich auf die, welche nicht davon lassen wollen.

Und das geht. Wenn sie dann auch auf sie hören. Wenn nicht, geht es auch. Aber schlechter. Qualvoller, leidvoller, angstvoller, schamvoller, zweifelhafter, zur Verzweiflung treibender.

Das ist der Preis der Bequemlichkeit, diese Geschichte hat keine andere Moral.

Bald wird er infam, bald wird er obszön, bald ist er unerschwinglich, dann geben es die Leute eine Zeit lang billiger, sie nehmen die Mühe in Kauf, selber zu denken. Beleidigt zuerst, weil man sie dazu zwingt, stolz und froh später, wenn sie merken, das befreit.

Bis sie wieder träge werden und alles wieder den Bach runter geht.

Der Krug der Dummheit geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Dann gibt es damit kein Wasser mehr zu schöpfen.

Den Krug der Weisheit muß man sich erst töpfern und ihn hernach noch brennen. Da führt kein Weg vorbei, will man nicht verdursten.

Aber was ist Weisheit?

Das Wissen, das jeder weiß?

Ja, wenn auch gezielt provokativ formuliert. Der Hausverstand, der gesunde Menschenverstand, die alltägliche Vernunft, die keine Generation für sich gepachtet hat, obwohl jede gern so tut.

Der Wald-, Wiesen-, Haus- und Hofverstand, aus dem alles kommt, was wir tun.

Der, mit dem wir schon vor 70 000 Jahren toll gefahren sind. So toll, daß wir nicht nur noch immer existieren, sondern eine Evolution der Kultur hingelegt haben, die sich sehen lassen kann im Universum!

Vor der die Schimpansen, Gorillas und Orang Utans vor bewunderndem Neid erblassen.

Soviel zu uns und unserer Art.

Daß wir noch so unvollkommene Wunschbilder von Göttern abgeben, das enttäuscht uns, das nagt an uns, dafür schämen wir uns.

Aber diese Enttäuschung zu kultivieren, ist blanke Strategie zur Motivation, es weiter so sagenhaft zu machen, wie unser rauschender Erfolg auf dieser Welt es bezeugt.

Dafür töpfern, weben, schmieden, legieren und projektieren wir jede erforderliche Art von Krug oder sonstigem Gefäß, wenn’s sein muß, eines aus der unbekannten dunklen Materie mithilfe der unbekannten dunklen Energie.

Wären wir keine Menschen, wollten wir Haustiere von solchen wie wir sein.

Was haben wir so Besonderes an uns?

Die Erkenntnisfähigkeit. Die endlos und unbegrenzt erkennt. Den Willen dazu, der unwiderstehlich herrscht.

Wir sind Intelligenzmaschinen, die sich selbst hochzüchten von Generation zu Generation zu immer unvorhergeseheneren Leistungen.

Leidenschaftliche Bastler, die vor nichts zurückschrecken, bis sie eine ganze Welt zusammengebastelt haben, und sie bedenkenlos zerstören, um eine nächste, noch interessantere zu bauen.

Schwindelerregend, vulgär, frivol, zynisch, ironisch, sarkastisch und immer mit heiligem Ernst und frommer Andacht aus tiefem Herzen.

Will einer sich mit solchen Eulogien einschmeicheln? Bei sich selbst einen guten Eindruck machen?

Nein, so wenig wie David mit seinen Lobliedern auf den Herrn.

Und wenn doch, ist es egal.

Ist es so, ist es so. Nur der Begreifen suchende Geist findet es heraus. Der aber mit Gewissheit.

Der Mensch ist ein trotziger Verbesserer, unbelehrbar, kurz ein disziplinierter Yogin, der vor keiner Stufe der erst zu erringen Einsicht aufgibt. Das werden wir doch sehen! Schauen wir es uns an!

Psychologie, die sich der Philosophie verdächtigen lassen muß, weil es die anderen nicht so genau wissen wollen, sondern im Rahmen ihrer Vernunft bleiben.

Das die Verbesserung der Vernunft im fortlaufenden Häuten und im rücksichtslosen Sprengen jedes Rahmens liegt, wie das Wachstum der Schlange und die Weite des Erkannten es verlangen, ist ihnen ungeheuerlich auf den ersten Blick.

Es erfordert viele Blicke und langes Schauen, um das Sichtbare nach und nach zu erkennen, aber früher oder später weiß es jeder, daß es so und nicht anders geht.

Eine doppelte Befriedigung, es geht und man weiß wie.

Dann reizt das Tun, entsprechend der Sicht zu tun und zu lassen. Meistens lassen, ablassen, in Ruhe lassen, im Kraut lassen, in Frieden lassen der Dinge und sich aufs erforderte Handeln beschränken, das keinen Applaus berechnet.

Dann übt man den Gebrauch der Kraft, in der zu entwickelnden Weisheit des Sparsamen, des Bescheidenen, des Zurückhaltenden, der kühlen Eleganz der Effizienz, fast zu kühl, um menschlich zu sein.

Wie sollte das gehen, diese stetige Askeseübung? Ein Verzicht nach dem andern, so geht das.

Der Verzicht wird zur Klarheit, zur Reinheit, zur Freiheit, zur Unbeschwertheit, zur Tugend und zur Freude. Zu der Freude, die man mit dem Erwachsenwerden begraben mußte, weil man die Verantwortung nie mehr los werden würde.

Die Spontaneität als höchste Übung in Verantwortung, das ist eine Kunst, die einem zuletzt nicht erspart bleibt, und auch bei ihr sind Lehrjahre keine Herrenjahre.

Was soll man tun, die Natur des Geistes verlangt ihren Tribut, nichts wird einem erspart, was den Menschen zum Menschen macht und nicht, was ihn zum Gott macht.

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