Einsicht kommt von Hinschauen

Nicht von Psychotherapie oder Selbsterfahrung, Seminaren und Kursen, nicht von Lektüre, Weiterbildung, Coaching und Supervision.

Nicht von spirituellen Praktiken und auch nicht von spirituellen Verwirklichungswegen, weder von traditionellen noch von aktuell entworfenen.

Der Wille zu sehen

Das Wissenwollen ist das, was die Füße die Wege und das Webgeflecht entlang ans Ziel bringt.

Man wird nicht ein begnadeter Komponist, weil man sich so viele Stunden über so viele Jahre so diszipliniert in der Aneignung der Fertigkeiten der Kompositionskunst geübt hat, sondern man will so genau wissen, was es mit dem Komponieren auf sich hat, wie das eigentlich geht, was man da eigentlich tut, wenn es geht, daß man jahrelang wie ein Fanatiker sonst nichts mehr beachtet.

Genauso verhält es sich mit dem Maler, dem Dichter und dem Philosophen. Mit dem Wissenschaftler, dem Topmanager und dem Hochleistungssportler.

Die Faszination, der man nachgeht, je existentieller im Nachgehen, desto schneller und tiefer der Erkenntnisweg, der es an sich hat, auch ein Bemeisterungsweg zu sein.

Weil Sehen Wissen heißt.

Weil Wissen rechtes Handeln ermöglicht.

Weil aus dem probierenden Handeln im Wissen Versuch, Irrtum und Erfolg ohne reaktive Ausaktion des Widerstands gegen das Aufgeben des sicheren Alten sich vollziehen.

Denn nur der Ehrgeiz nach baldiger Leistung als Beweis des Fortschritts in der Bemeisterung verführt zu verfrühten praktischen Versuchen, deren Ergebnis bei genauem gedanklichen Hinschauen vorhersehbar ist.

Weshalb sich der Schauende solche überflüssigen Umwegschleifen erspart und schneller voran kommt auf dem Weg zum Kern des Wesens der Sache.

Verzicht

Er verzichtet auf die Ehre der Welt und erfreut sich am Ringen um die höhere Ehre, der Selbstoffenbarung der Dinge teilhaftig zu werden.

Es ist eine kleine Ehre, Anerkennung und Hochachtung für sein Wissen zu erhalten; aber es ist eine große Ehre, dem Sprudeln der Quelle Agent zu sein, aus der die Sicht sich eröffnet.

Antwort

Als Antwort auf die Entschiedenheit des Verstehenwillens, aus dem man die Fragen stellt und nicht lockerläßt, bis man verstanden hat.

Es existiert keine andere, weitere Bedingung für den Erfolg im Verstehen.

Genauso existiert keine weitere Bedingung für den Erfolg im Bemeistern.

Geritten

Ob einem Gott oder der Teufel reitet, wie geritten läuft es ab.

Alles, was man verstehen kann und daher bemeistern, ist die Kunst des Schauens-um-zu-sehen und Horchens-um-zu-hören und Spürens-um-zu-fühlen.

Die ist nicht wirklich keine Kunst, aber auch nicht wirklich eine, kommt man drauf, sondern so einfach, daß es einen wundert, daß man für so eine unscheinbare Klarheit Jahrzehnte wie ein Yogin gelebt haben soll.

Weisheit nach Wissen

Man muß alt geworden sein, um Weisheit von Wissen zu unterscheiden zu können, weil man alt werden muß, um die Unterschiede der beiden Verfügungsweisen von Sicht aus Einsicht in ihrer Wesenscharakteristik erfassen zu können. 

Man hätte eine derartige Unterscheidung in der Jugend nicht vornehmen können, weil für die Möglichkeit eines Überblicks die vielen unterschiedlichen Blickwinkel erforscht worden sein müssen bis ein Blick auf ihr Insgesamt an – geläuterten – Sichten sich als nächste Runde aufdrängt.

Es wäre auch nicht schneller möglich gewesen die einzelnen Sichten zu läutern und so mehr von ihnen in der gleichen Zeit zu durchdringen, wenn man mit ungetrübtem Erkenntnisinteresse gelebt hat.

Denn man sucht und gestaltet automatisch sein Leben als Kette von optimalen Herausforderung für die jeweils anstehende Runde der Forschung zur Vertiefung der bisherigen Erkenntnisse.

Die Bedrängnis des Nichtwissens und die Freiheit zu forschen

Das tut jeder, auch der Bequemste und Vergnügungssüchtigste. Er macht es unterschwellig und im Bewußtseinshintergrund, dessen Dramen erst später auf die Bühne des klaren Bewußtseins geraten, wenn Kapazität frei ist für sowas.

Dann läuft man sich hinterher, wenn man trotzig weiter hinauszögert, wofür man keine Ausrede an scheinbar dringenderen Pflichten mehr hat.

Alles Verdrängte muß behandelt werden, man ist das ganze Alter damit beschäftigt.

Jetzt kann man es sich leisten, zu sehen, was einen früher nicht ins Konzept gepaßt hat, eine anthropologisch unvermeidbare und notwendige Beschränkung, deren Imperativ man existentiell so erlebt und entsprechend selektiert hat, was dem Ganzen damals am besten diente.

Wenn die Pflichten des Haushälters erledigt sind, ist die Zeit für das Studium der Weisheit angebrochen. Sie dauert bis zuletzt an. Erst erlangt man das Verstehen, daß man die heiligen Schriften nicht mehr braucht, dann predigt man das Verstehen und den Weg dazu, damit die Jungen wissen, was im Alter ansteht.

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