Spirituelle Psychologie und Psychotherapie
Es scheint eine Verwirrung um und ein beliebiges Verständnis zum Begriff spirituell öffentlich wie amtlich gepflegt zu werden. Zur Klärung der Begrifflichkeit im vorliegenden Zusammenhang wird eine minimale Definition angegeboten, die dem psycho-logischen Charakter des Spirituellen entspricht.
Spiritualität als anthropologische Konstante
Minimal definiert ist unter Spiritualität zu verstehen:
Der Bereich der als letztgültig erachteten existentiellen Annahmen, Wahrnehmungen, Erfahrungen, Bewertungen, Begründungen und Rechtfertigungen philosophischer und ethischer Natur, die nach bestem Wissen und Gewissen nicht mehr relativierbar scheinen.
Noch knapper: Der Bezug auf das, was einem heilig ist und unter allen Umständen bleibt.
Spiritualität ist als anthropologische Konstante der Bewußtheit des Individuums und dem kollektiven Bewußtsein der Kultur inhärent, ungeachtet jeglicher konzeptueller und metaphorischer Benennungen und Beschreibungen konventioneller oder traditioneller Art.
Wer in der Psychologie der Spiritualität nicht ebenso selbstverständlich kompetent zu Hause ist wie in den weniger radikal existentiellen Orientierungsbereichen und Orientierungsprozessen, hat als Psychologe oder Psychotherapeut eine Kompetenzlücke, die einem anthropologischen und psychologischen blinden Fleck entspricht.
Selektiv spirituell blind behindert er nolens volens die existentielle Emanzipation (Selbstverwirklichung) seiner Klienten und tut dies ohne Bewußtsein dafür.
Spirituell behindert heißt existentiell unemanzipiert
Das gilt für die grundsätzliche Bewußtheit der Nichtweglaßbarkeit unhd Nichtwegdenkbarkeit des Spirituellen von der Person, vom Selbst, vom Ich, von der Subjektivität des Individuums wie der Kulturgesamtheit.
Damit ist noch keine andere Kompetenz bedeutet als die der Anwendung der Empathie auch auf diesen Bereich des Idealen, Heiligen, Absoluten, der alle anderen Bereiche des Pragmatischen, Profanen, Relativen ordnet und organisiert.
Und daraus die Intervention, die Frage und die Antwort im Dialog zum Heiligen wie zum Vitalen. Die gleiche Souveränität des Anstiftens zu Einsicht, Erkenntnis, Verstehen und daraus Orientieren bei allen Themen, Dimensionen, Sphären und Atmosphären des Erscheinenden und Besprechbaren.
Die gleiche Prozeßsouveränität zumindest, besser noch ist die gleiche Erfahrungssouveränität und damit Einsichtssouveränität, in anderen Worten: Souveränität der Weisheit zu den spirituellen Fragen wie zu den unspirituellen, die dem Fundamentalen und Absoluten entfernter angesiedelt zu behandeln und zu beantworten sind.
Prozeßsouveränität setzt die themenspezifische Unbefangenheit und offene Rezeptivität voraus. Weisheit führt den Prozeß an die entscheidenden Weichen, weil sie aus dem eigenen Einsichtsweg und Bemeisterungsweg einen Überblick darüber hat, was die logischen Stationen der Vertiefung und Erweiterung der Erkenntnis sind und was deren jeweilige rationalisierende Illusionen sind.
Die spirituphobische Frivolität der Religionsdurchblicker
Es ist blanke und offenbare bloße milchmädchenhafte Rationalisierung, zu verkünden, das Spirituelle braucht einen extra Fachmann, der spezielle Kompetenzen und Interventionen ins Spiel bringt, die dem qualifizierten Psychotherapeuten entweder nicht zur Verfügung stehen oder deren Einsatz Scharlatanerie gleichkäme, weil es sich um unwissenschaftliche, eventuell sogar volks- und staatskulturfremde, nämlich fernöstliche statt nahwestliche, Methoden handelte; die jedenfalls außerdem – und unnötig der Argumentation oder Beweisführung zu unterwerfen – kontraindiziert zum besten Erfolg der Psychotherapie stünde.
Dessen ungeachtet, daß die Kulturbetroffenen ihrerseits, aus deren Reihen sich die aktuellen wie potentiellen Klienten rekrutieren, massenweise seit Jahrzehnten nach jener nichthiesig entstandenen drängen und sie als Orientierung und Lebensstilorientierung behandeln:
„Das, lieber Klient, was dir am tiefsten wichtig, dringend und bedrängend ist, damit mußt du leider zu jemand anderen gehen, denn wir hier finden, das ist überflüssig. Unsere Methode macht dich auch ohne die Berücksichtigung der Unbedingtheiten und Letztgültigkeiten zufrieden!
Das ist, ehrlich gesagt, sowieso Luxus! Das braucht man eigentlich nicht. Es ist nur ein willkürlicher Zeitvertreib, eine das Gemüt kitschig und billig erhebende, hehre Unterhaltung, der man sich widmen kann, wenn an nichts Vernünftigeres zu tun hat oder zu denken weiß.
Abgesehen davon ist es psychodynamisch betrachtet der typische Rest von Neurotizismus und Infantitlität, den sich viele Leute mit Vorliebe erhalten, weil ihnen die volle Reife zu herausfordernd erscheint und die Kultur es toleriert, sogar begrüßt.
Eine Pathologie als Krücke – Motiv: Vermeidung!
OK. Sobald mich das wirklich und zutiefst Wichtige beschäftigt, geh‘ ich dafür zum christlichen oder hinduistischen oder buddhistischen Seelsorger, eventuell zum islamischen. Kein Problem!
Schreib‘ ich mich halt‘ im Fo Guang Shan in der Sechshauserstraße ein. So teuer wird das schon nicht sein. Aber hoffentlich verlangen die keine Einweihung, so wie eine Taufe, oder ein Glaubensbekenntnis. Obwohl mir Zen einfach liegt von der nüchternen Stilistik her. Vielleicht zu brachial fundamental, keine Welterfahrung der Haushälter, nur die Askese! Was wär‘ mit dem Panchen Losang Chogyen Gelug-Zentrum, das ist in der Servitengasse und verläßlich dalailamaistisch orthodox, da weiß man, was man sich erwarten kann? Vielleicht nun doch verbindlicher und westgemütsrücksichtsvoller?
Kennen Sie sich zumindest mit dem sexuellen Bereich aus und finden Sie der gehört in die Therapie? Oder empfehlen Sie mir dafür extra Sitzungen bei einem Sexualtherapeuten?
Und was ist mit dem kreativen Bereich, dem künstlerischen. Das ist auch etwas, das mich immer wieder in meinem Leben intensiv beschäftigt hat. Muß ich dafür dann zum Kunsttherapeuten gehen?
Für Paartherapie müßte ich sowieso zu einem Paartherapeuten gehen mit meiner Frau, Sie würden das prinzipiell nicht machen. OK, versteh‘ ich, ich hätte den territorialen Vorteil, das bringt einen extra Kampf mit meiner Frau samt ein extra Buhlen um Ihre Zustimmung. Ich laß‘ mir das einreden, weil es für uns als Klienten zu schwierig werden könnte, wenn wir uns da verrennen und verhaken, aber wenn Sie sagen, das geht nicht, dann halte ich dem entgegen, es wird wohl von Ihrer Souveränität abhängen!
Ich nehm‘ das zur Kenntnis, daß sie die nicht aufbringen könnten oder wollten, vielleicht, weil es zu anstrengend ist. Aber der Rest, das Spirituelle, das Sexuelle, das Kreative? Sind Sie nur für Instinktemotionalitäten, Selbstkontrolle und neurotische Gedankenzirkel zuständig?
Und zur Sicherheit soll ich nach der Therapie bei ihnen noch ein Jahr zu einer Frau gehen? Weil die Mutterübertragungen und -gegenübertragungen bei Ihnen als Mann nicht so evoziert werden und daher unbearbeitbar im Hintergrund verbleiben?
Nicht zu vergessen, falls ich Probleme mit meinen Kindern hab‘ oder mit dem Umgang meiner Frau mit ihnen, dann ist der Weg zu einem Familientherapeuten angesagt!
Alles in allem, wenn man alles bearbeiten will, was von vornherein wichtig ist und dazu das Auftauchende bei dem, was normalerweise jederzeit problematisch werden kann, kommt man mit Ihnen als Therapeut keineswegs aus, sondern man braucht zusätzlich bei Bedarf einen Seelsorger, einen Sexualtherapeuten, einen Kunsttherapeuten, einen Paartherapeuten und einen Familientherapeuten, insgesamt fünf zusätzliche Therapeuten. Rechnet man den Paartherapeuten und den Familientherapeuten zu einem Fachmann zusammen, dann Sie plus vier andere.
Gibt es eigentlich Bestrebungen, Psychotherapeuten vollständig auszubilden oder ist es so gemeint: Allgemeinpsychotherapeut, Fachpsychotherapeuten für spirituelle, sexuelle, kreative, partnerschaftliche und familiäre Probleme? Offenbar aber genauer: Fachpsychotherapeuten für spirituelle Probleme sind überflüssig, da gibt es die Theologen und Seelsorger.
Bleiben Sexualität, Kreativität, Partnerschaft, Familie. Und Tod, Sterben, Krankheit zum Tod? Fachpsychotherapeut für Altersprobleme? Und wo überschneidet sich das mit dem Kompetenzprofil des Seelsorgers?
„Sehen Sie, Sie dürfen das Kind nicht mit dem Bad ausgeschüttet wähnen!
Die Methoden der Buddhisten dürfen die Psychotherapeuten ja verwenden. Sie sollen es halt laut und deutlich dazu sagen, daß es psychologische sind und daß der Buddhismus eine Psychologie ist und keine Spiritualität und schon gar nicht soll man dem eigenartigerweise in Umlauf befindlichen Mißverständnis verfallen. daß es sich beim Buddhismus gar um eine Religion handeln würde.
Und Chi Kung und Yoga und Taichi und was weiß ich, ist ja eh alles kein Problem, nur bitte klarmachen, das hat nichts mit Taoismus und nichts mit den Veden und den Upanischaden zu tun und nichts mit Göttern und Dämonen und mit Magie.
Und nicht von „Erleuchtung“ und „Befreiung“ und „Aufwachen“ und „Erwachen“ und solchen belasteten Begriffen reden. Schon gar um Himmels willen nicht von „Liebe“ oder vom „Universalen Geist“. Das ist dann schon so fast krude wie von „Gott“ und „dem Teufel“ und dem „Paradies“. Also wie beim Papst, den Bischöfen und den nahöstlichen im Mittelalter steckengebliebenen Fundamentalisten!
Sowas läßt sich mit ein bißchen Disziplin vermeiden und macht ein viel seriöseres Bild.
Was soll das Gesundheitsministerium denn der Ärztekammer antworten oder der Gebietskrankenkassa, wenn es heißt, der Psychotherapeut XY sagt, er hilft den Patienten, daß sie sich der Liebe öffnen und dadurch der Erleuchtung näher kommen?“
Das introspektive und empathische Auflösungsdefizit spirituphobischer Positionierung
Der Auflösungsgrad psychoanalytischer, psychodynamischer und verhaltenstherapeutischer wie auch systemischer psychologischer und psychotherapeutischer Ansätze endet im so benennbaren Makrobereich. Nur die Produkte des Denkens (gemeint als Insgesamt des konstruktiven Prozesses der Herstellung von Bewußtseinsinhalt und Bewußtheit) differenziert auszumachen, ist damit gemeint.
Was auf dieser beschränkten Auflösungsebene der zur Beobachtung benutzen Brennweite von vornherein nicht erkennbar wird und daher nicht besprochen, nicht behandelt, nicht verstanden und nicht berücksichtigt werden kann, ist der Herstellungsprozeß von Bewußtheit und Bewußtseinsinhalten beziehungsweise der a priori frei kreative und gezielt zweckgerichtete Charakter der Gestaltung des Erlebens und Verhaltens.
Wer nicht ausreichend Meditations- und Kontemplationspraxis hat, um – zum Beispiel – die buddhistische Version der Phänomenologie der Bewußtheitsprozesse aus der Introspektion als valide erkannt und konzeptuell integriert zu haben (neben anderen strukturell äquivalenten Modellen aus psychologischen Traditionen des außereuropäischen Raums), dem fehlt eine ganze Auflösungsstufe in seiner introspektiven und extrospektiven Empathie bezüglich der Prozesse des Bewußtseins und der Bewußtheit auf ihrer generativen und kreativen Operationsebene.
Es gibt natürlich keine vernünftige oder moralische Berechtigung, daß sich ein Psychotherapeut den Kompetenzerwerb bezüglich irgendeines anthropologisch konstanten und für die bewußte und unbewußte Selbstorganisation daher unvermeidlich existentiell relevanten Themenbereichs oder irgendeiner Erfahrungsdimension oder einer Orientierungsmethodik erspart.
Schon gar keine Berechtigung gibt es dafür, daß er ein derartiges Kompetenzdefizit als unerheblich, akzeptabel oder gar als günstig für die psychotherapeutische Arbeit, was deren Auswirkungen für die Klienten betrifft, behauptet.
Nach „primum non nocere!“ ist der Psychotherapeut verpflichtet, die Klienten an ihrer spirituellen Selbstverwirklichung behindernde Kompetenzlücken umgehend durch Weiterbildung, Fortbildung, Selbsterfahrung und Supervision aufzufüllen.
Zumindest muß er selbstsupervisorisch und mittels eines Kollegen als Supervisor die behindernden Auswirkungen seines Kompetenzmangels fortlaufend im Auge haben, sie beobachten und gegebenenfalls den Klienten darüber in Kenntnis setzen, daß ihm für die weitere Therapie eine notwendige Kompetenz fehlt – und ihn an einen kompetenten Kollegen verweisen.
Nichts jenseits des State-of-the-Art
Das oben Angeführte entspricht einer Zusammenfassung und Einordnung des State-of-the-Art der Psychotherapie, sowohl in klinischer Evidenz und konzeptualisierter Theorie als auch durch empirische Evidenz unterstützt und international von den für das Fachgebiet maßgeblichen jeweiligen Berufsverbänden anerkannt. Es erübrigt sich eigentlich, aber zur Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen, daß der Stand der jeweiligen Kunst im Blick auf kulturell vergleichbare Gesellschaften zu berücksichtigen ist, in diesem Fall des angloamerikanischen Raumes als seit vielen Jahrzehnten zentrales und führendes Entwicklungsfeld und den Fortschritt im Fachgebiet Psychotherapie vorantreibend.
Die Phänomenologie der Mikropsychologie
Was aus der höher geschulten Aufmerksamkeit und Einsichtsfähigkeit aus Meditations- und Kontemplationstraining mittels größerer quasi-optischer Auflösung und Tiefenscharfe im Blick auf die Schichten des Gewahrseins und der Bewußtheit der Wahrnehmung zugänglich wird, das fehlende Wissen über die prozessuale Psychologie der Bewußtheit in ihren elementaren Phänomenen, läßt sich unter anderem wie folgt auf den Grund bringen und zusammenfassen.
Alle Bewußtseinsinhalte sind spontan auftauchende Angebote, die man annimmt oder nicht annimmt. Die angenommenen entwickeln und entfalten sich nach Maßgabe der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf sie, das heißt im Maße des sich mit ihnen Involvierens, des Mitgehens mit ihnen oder des Anhaftens an ihnen.
Daher sind alle Bewußtseinsinhalte freier Willensentscheidung verdankt, die jeden Moment anders getroffen werden kann oder gleichsinnig wiederholt und habituell vorgenommen.
Daher sind Erlebnisse des über den Moment des Auftauchens sich verstärkenden und erhaltenden Leidens wie der Freude in freiem Willen selbst verursacht, selbst aufrechterhalten und selbst beendet.
Ein Opfermodell widerspricht der mikropsychologischen Evidenz
Eine wesentliche Konsequenz aus diesem evidenten Wissen ist der Umstand, daß ein Opfermodell, in dem das Ich oder Selbst oder der bewußt Erlebende mit Resultaten oder Produkten konfrontiert wäre, deren Entwicklung im Bewußtseinsraum jenseits seiner entscheidenden willentlichen Beteiligung abläuft, und für deren Steuerung und Kontrolle wahlweise die Psyche, das Herz, das Unbewußte, die Seele oder in besonders süffisant irrationaler Weise auch: das Gehirn angeführt werden, als irreal erkennbar ist und als irreführend für den, der es vertritt wie für den, der es als fachautoritatives akzeptiert.
Die mikropsychologische Auflösung erfordert intensives Studium
Damit ein Psychotherapeut eine Ausbildung zur therapeutischen Arbeit mit den Phänomenen auf der Ebene des Entstehens, Erhaltens und Vergehens der Bewußtseinsinhalte beginnen kann, hat es sich beispielsweise im Rahmen der Weiterbildung zu sogenannter „Achtsamkeitsgegründeter Kognitiver Verhaltenstherapie“ (Mindfulness Based Cognitive Behavior Therapy) als Eingangsvoraussetzung angebracht erwiesen, daß eine zweijährige Meditationspraxis (nach dem Grundmodell der Einsichtsmeditation bzw. Vipassana-Meditation) sowie außerdem eine zweijährige kontemplative Bewegungspraxis entweder in Hatha-Yoga oder in Tai Chi Chuan (/Chi Kung) vorher absolviert worden ist.
Die meditative geistige Übungspraxis inklusive der des kontemplativen Körpergewahrseins ist die einzige Zugangsmethode zur bewußten Wahrnehmung und systematischen Erforschung der fundamentalen generativen und kreativen Prozesse der Bewußtheit.
Die spontane Wahrnehmungsfähigkeit der allermeisten Menschen reicht ohne das entsprechend langwierige und engagierte Aufmerksamkeitstraining nicht aus, um dieses Auflösungsvermögen in der Betrachtung des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Wollens und Entscheidens und damit auch des Handelns und Verhaltens nach Bedarf und einigermaßen stabil zugänglich zu haben.
Eine prämeditative Auflösung beschränkt die psychologische Erkenntnis
In der Analogie ist zu sagen: Wer seine Beobachtungen nicht durch das Lichtmikroskop macht sondern durch die Lupe, sieht die Zellen und Zellprozesse nicht. Ebenso wie in der weiteren Erhöhung des optischen Auflösungsvermögens durch das Elektronenmikroskop noch elementarere Strukturen und Vorgänge sichtbar werden, deren Existenz und deren Funktionalität für das Gesamt des Gewebes, des Organs oder des Organismus auch noch mittels des Lichtmikroskops unerkennbar blieben.
Es ist daher klar zu formulieren, daß eine Psychologie und Psychotherapie, die nicht durch das Mikroskop der Meditation und Kontemplation blickt, auf dem vergleichbaren Stand einer Medizin und ärztlichen Behandlung ist, die den Gebrauch des Lichtmikroskops noch nicht kennt (oder aus traditioneller Borniertheit für überflüssig erachtet und sich weigert, den Umgang damit zu lernen).
Ein anderer Vergleich wäre der Stand einer Astronomie, die sich beispielsweise zum Gebrauch des Fernrohrs durchgerungen hat, aber verweigert, die komplizierten Installationsanlagen mit Spiegelteleskopen und Radioteleskopen zu bedienen. Oder der Stand der Teilchenphysik an einem Institut, dessen Leiter die experimentellen Möglichkeiten eines Teilchenbeschleunigers ex cathedra für wissenschaftlich wertlos erachtet.
Das antitheistische Ressentiment ist eigentlich schon wieder out
Wie – wieder einmal nach den 60ern und 70ern in Kalifornien in den humanistischen Schulen – die unproblematische Integration buddhistischer Meditationsprinzipien und -methoden in die akademische kognitive Verhaltenstherapie gezeigt hat, ist ein Ignorieren oder Zensieren seitens politischer Intentionen und Instanzen von der Sache her müßig.
Die Gegenwart der Psychotherapeuten ist autoritätshöriger und unterwürfiger gegenüber der Macht und vermeidet strategisch (in Selbstironie konstatiert) das „S-Wort“ wie der Teufel das Weihwasser, um sich die Akzeptanz der ewig reaktionären Anbiederer an die Psychiatrie, Medizin und Biologie nicht zu verscherzen; vermeidet es in Publikationen und mit dem Zusatz „noch“. In der realistischen Hoffnung auf eine fortschreitende Entspannung der szientistischen Borniertheit unter den Mächtigen in der akademischen und staatlichen Politik.
Die Sonderrolle des deutschsprachigen Autoritarismus mit seinem linken aufklärerischen Ethos, in dem Materialismus und jedenfalls Agnostizismus als Ehrenmedaille präsentiert werden, besteht im schon genannten beiläufigen Ignorieren, im arroganten Mißverstehen und selbstgerechten Abwehren unter der populistischen Rechtfertigung des Schutzes der Allgemeinheit vor unseriösen Praktiken und Praktikern der Psychotherapie.
In absehbarer Zeit wird man es als das notorische Nachhinken einordnen können; verlängert durch antitheistische Ressentiments. Gegenwärtig ist da aber noch die völlig besinnungslose aporetische wie apodiktische Ignoranz gegenüber der lokalen Marginalisierung.