Störungen stören den Selbstverrat

Seelische Störungen stören das Wohlbefinden. Sie sollen weg.

Man soll sie wegmachen. Man soll sie weggemacht kriegen.

Um Gottes Willen, nein!

Störungen stören einen dabei, so weiter zu machen.

Sie sind kein Unfall, kein Systemversagen, kein Mißgeschick. Schon gar keine Krankheit.

Außer man versteht Krankheit als Selbstheilungsmethode. So wie ein Fieber Krankheitserreger bekämpft und die Infektion beendet.

Störungen im seelischen Wohlbefinden und im reibungslosen Ablauf des Alltäglichen sind kein Störfall im Sinn eines Defekts, sondern eine unbewußte Gegenmaßnahme gegen defizitäre Vorgehensweisen, die man bewußt vertritt.

Defizitär bedeutet in diesem Fall, gegen seine eigentlichen Prioritäten, gegen die Einstellungen, Zwecke, Ziele und Werte gerichtet, von denen man – wie insgeheim und inoffiziell auch immer – überzeugt ist.

Das Motiv? Lust an Konflikt und Leiden? Natürlich nicht.

Pflichtbewußtsein ist es. Redliches, anständiges, vernünftiges Bemühen, das Gute, das Richtige, das Bestmögliche zu tun.

Weil man aber nicht nur das Unredliche, Unanständige und Unvernünftige schnell einmal übertreiben kann, tut man oft genug zuviel des Guten, Richtigen und Bestmöglichen. Das von einem bestimmten Blickwinkel aus notwendig und verpflichtend erscheint.

Das lassen wir uns von uns selbst nicht ewig gefallen. Irgendwann reicht’s und wir nötigen uns per Frust und Unlust und Leiden jeder Art dazu, innezuhalten und ernsthaft mit uns selbst zu Rate zu gehen, was wir da eigentlich schon die längste Zeit veranstalten und ob wir das bei genauerer Betrachtung wirklich vor uns selbst, Gott und der Welt vertreten können.

Oder ob wir vor lauter Anstand und Pflicht nicht wegdriften vom Eigentlichen, von dem, was wirklich zählt, von dem, was uns tatsächlich am Herzen liegt.

Ob es jetzt Pflichtbewußtsein im engeren Sinn war oder im weiteren Sinn die Idee, wir wären uns selbst oder anderen verpflichtet, kein Risiko einzugehen, sondern zur Mutter der Porzellankiste dazu noch ihrer Schwiegermutter und ihren zwei Großmüttern unsere Loyalität zu beweisen, bis wir uns kaum noch zu rühren getrauen, wird sich bei näherer Untersuchung herausstellen.

Es ist auch sekundär. Primär ist, den Selbstverrat oder die Selbsttäuschung zu beenden, in die wir uns hineinmanövriert haben.

Und das wäre gar nicht anzugehen, wenn uns die sogenannte Störung nicht beim Weitermachen gestört hätte!

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